Dienstag, 29. Dezember 2009

Sparsames Weihnachten

Es glitzert und funkelt. Überall leuchten Lichter. Der Weihnachtsschmuck blinkt in sämtlichen Farben des Regenbogens. 7,5 Millionen Lampen erleuchten seit Ende November Madrid. Eine beeindruckende Zahl. Und doch wird wegen der Wirtschaftskrise dieses Jahr auch bei der Weihnachtsbeleuchtung gespart. Mit Energiesparlampen sollen die (Elektrizitäts-) Kosten merklich gesenkt werden.
Auch die Familien wollen diese Weihnachten weniger Geld ausgeben. Ganze 19 Prozent weniger als im Vorjahr sollen die Feierlichkeiten dieses Jahr insgesamt kosten. An den Geschenken, vor allem aber am Festessen wollen die Spanier sparen.
An den Adventswochenenden merkt man davon allerdings nichts. Die Innenstadt scheint zu fast jeder Tages- und Nachtzeit regelrecht aus den Nähten zu platzen und die Schlangen vor den Verkaufsständen für die Lose der Weihnachtslotterie messen durchaus mehrere hundert Meter.
Auch vor den großflächig aufgebauten Krippen warten die Menschen geduldig in langen Reihen um einen Blick auf die heilige Familie werfen zu dürfen. An der traditionellen Weihnachtsszene wurde auch in der Krise nicht gespart. Sie ist wie jedes Jahr liebevoll aufgebaut worden.


Samstag, 19. Dezember 2009

Mitbewohner


Nur ein kurzes „Hallo“
Ein niemals sauberes Bad
Und Geschrei nachts um drei

Ungespültes Geschirr
Im Wohnzimmer-Fernseher nur Filme für Jungs
Und viel zu viel Zigarettenrauch

Zum Geburtstag aber
- eine Woche zu spät zwar -
Ein Wohnzimmer voller Luftballons
Kuchen mit Kerzen
Gespräche und Sekt
Und ein Kaktus
- mit Blüten -

Ich bin gerührt



Freitag, 18. Dezember 2009

Die Erde gehört niemandem, außer dem Wind

Der Herbst ist vorüber gegangen und ich habe meinen Regenschirm tatsächlich nur zweimal aus der Tasche holen müssen. Ja, ich habe ihn jeden Tag bei mir getragen, weil ich immer erwartete endlich einmal von einem richtigen Herbstregen überrascht zu werden. Aber nichts da. Es nieselte höchstens einmal für ein, zwei Stunden.
Es ist sicherlich ein Zufall, aber auch die Klimaexperten weisen in diesen Tagen auf eine deutliche Verringerung des Regens in Spanien hin. Durch den Klimawandel werden sich die Niederschläge auf der iberischen Halbinsel bis zum Ende des Jahrhunderts um 20 bis 25 Prozent verringern. Aber schon jetzt trocknen im Sommer Flüsse aus, die früher das ganze Jahr Wasser führten.
Deshalb hat auch der spanische Regierungschef, José Luis Rodríguez Zapatero, gestern auf dem UN-Klimagipfel in Kopenhagen die bedenkliche Situation erläutert. Mit den poetischen Worten des Indianerhäuptlings Caballo Loco” (verrücktes Pferd) „La Tierra no pertenece a nadie, salvo al viento” – „die Erde gehört niemandem, außer dem Wind“ - forderte er ein weltweites schnelles Handeln gegen die Klimaerwärmung.
Hoffentlich, nicht nur für Spanien, werden seine schön gewählten Worte erhört.

Dienstag, 8. Dezember 2009

6. Dezember

Vor einigen Tagen bin ich in meiner Vorlesung zum politischen System Spaniens aufgeschreckt. Wir haben wieder einmal einen Film zur politischen Geschichte des Landes geschaut und ich war etwas eingenickt. Die plötzlich einsetzende, überaus frohsinnige Musik ließ mich jedoch wieder nach vorne schauen. Auf der Leinwand wurde eine scheinbar nicht endende Menschenschlange gezeigt. Alle diese Menschen standen an um über die neue Verfassung Spaniens abzustimmen.
Das ist schon über dreißig Jahre her. Die spanische Verfassung von 1978 wurde approbiert und bis heute wird sie mit einem Feiertag geehrt. Das kann jedoch nicht darüber hinweg täuschen, dass die Stimmen, die eine Reform fordern, immer lauter werden. 84 Prozent der Spanier denken, dass ihre Verfassung reformiert werden sollte.
Trotzdem, und das ist ja die Hauptsache, findet die große Mehrheit in Spanien (sechs von zehn Bürgern um genau zu sein) die Verfassung gut. Dem Feiertag scheint also auch in Zukunft nichts im Weg zu stehen. Und die sechs Prozent der Spanier, die ihre Gesetzesgrundlage als schlecht einschätzen, können an diesem Tag ja auch an den heiligen Nikolaus denken.

Samstag, 28. November 2009

La Macanita - Flamenco in Reinform

Flink klatschende Hände, eine versierte Akustikgitarre und eine charakteristische Stimme – mehr braucht es nicht um den typischen Flamencosound zu erzeugen. Für eine besonders pure Flamencomusik, die das gesamte Spektrum von ruhigen Melodien bis zu aufbrausenden Akkorden umfasst, ist Tomasa Guerrero Carrasco bekannt. Mit ihrer rauen Stimme und unterstützt durch einen eindringlichen Rhythmus begeistert die Sängerin, die unter dem Künstlernamen La Macanita auftritt, ihre Zuhörer. Hört selbst:

Freitag, 27. November 2009

¡¿Schizophrene spanische Studenten?!

Ich schaffe es kaum aus meinen verschlafen Augen zu blicken und versuche dem Kellner irgendwie deutlich zu machen, dass ich bitte einen Kaffee möchte. „Mit oder ohne Milch?“ „Und die Milch warm oder kalt?“. Puh ist das kompliziert.
Aber dann zieht frischer Kaffeeduft in meine Nase. Ich setzte gerade zum vorsichtigen ersten Schluck an, als sich meine Augen schlagartig weiten. Nein, nicht wegen dem ersehnten Koffeinschub, sondern vor Entsetzen. Der Kellner zapft gerade ein Bier. Er stellt es vor den jungen Mann neben mir, der auch sofort einen ordentlichen Schluck trinkt. Es ist morgens kurz vor Neun. Ich stehe in der Mensa meiner Universität.
Eigentlich sollte mich ja nichts mehr schockieren. Schon längst habe ich mich an das Bild rauchender und trinkender Studierender an meiner Fakultät gewöhnt. Ich habe akzeptiert, dass es keine Ausnahme ist, wenn sich beim Essen am Tisch gegenüber jemand einen Joint anzündet, oder dass alle Raucher – trotz ausdrücklichem Rauchverbot – auf den Fluren rauchen und ihre Kippen an Ort und Stelle auf den Boden fallen lassen.
Ich bin entsetzt, weil ich die Studierenden einfach nicht verstehe. Da stehen sie jeden Morgen und jeden Nachmittag an den Bushaltestellen in einer ordentlichen Reihe und warten drauf, dass sie dran sind in den Bus einzusteigen. Auch wenn es regnet, oder kalt ist oder beides. Keiner drängelt oder schubst. Aber kaum wird die Fakultät betreten, scheinen sämtliche (Anstands-) Regeln vergessen.
Akademische Freiheit par excellence?!

Sonntag, 22. November 2009

Warten auf Arbeit



Jeden Tag steht er an der Ampel. Der Verkehr staut sich, bei grün setzt sich alles für ein paar Meter in Bewegung, dann stehen die Autos mit ihren qualmenden Motoren wieder still. Er verlässt seinen Platz nicht. Mal steht er einfach da, manchmal spricht er ein paar Autofahrer an oder er raucht eine Zigarette. Neben ihm hängt sein Plakat, auf dem er seine Arbeitskraft anbietet. Werkzeug hat er auch dabei. Aber keiner scheint ihn zu brauchen.
Er ist einer von vier Millionen Spaniern (das sind 17,93 Prozent der erwerbsfähigen Bevölkerung) oder – um in der Stadt zu bleiben – einer der 441.858 Madrilenen ohne Arbeit. Die Arbeitslosigkeit ist in Spanien so hoch wie in keinem anderen europäischen Land. Die Lage scheint ausweglos.
Aber der Mann mit der gestreiften Weste hat noch nicht aufgegeben. Er steht Tag für Tag an einer der stark frequentierten Kreuzungen Madrids und hofft drauf, dass sein zukünftiger Arbeitgeber vorbeifährt. Ein Job, und sei es auch nur für ein paar Stunden, das ist die Hoffnung die ihn immer wieder auf die Straße treibt.

Mittwoch, 18. November 2009

Impressionen einer Wohnung



Spanier mieten nicht gerne. Sie kaufen. Und wenn sie (noch) nicht genug Geld für eine eigene Immobilie haben, dann warten sie auf den Kauf. Das sieht man den Mietwohnungen an. In den „Warteräumen auf das Eigentum“ wird auf jegliche Individualität oder moderne Gemütlichkeit verzichtet. Vergeblich sucht man nach Ikeamöbeln, großflächigen Fotokollagen oder individuell gestaltete Zimmerwänden. Stattdessen verbergen sich hinter Haustüren Welten, die sich allem Anschein nach seit den frühen siebziger Jahren nicht verändert haben. Staubüberzogene Lampen verbreiten ein Dämmerlicht, rissige Kachelböden knacken wenn man sie betritt und das Mobiliar unterstreicht durch seine Anordnung und Design eindrucksvoll, dass es seit mindestens 30 Jahren nicht mehr verrückt wurde.
Vielleicht liegt es an diesem leicht morbiden Charme, dass die Mehrheit der jungen Menschen in Madrid, darunter auch Studierende der höheren Semester und junge Arbeitnehmer, noch bei ihren Eltern wohnen. Wer, aus welchem Grund auch immer, doch den Schritt in eine Mietwohnung gewagt hat, sorgt auf spezifische spanische Art für neuen Wind in den eigenen vier Wänden: Der Kiffgeruch ist jederzeit frisch, wenn man eine studentische Wohnung betritt.
Aber eigentlich ist selbst diese Bemühung nicht nötig, denn das wirkliche Leben spielt sich außerhalb der Mauern ab. Das spanische Leben findet auf den Straßen der Großstadt statt. Wen kümmert da der Zustand der Wohnungen. Die jungen Madrilenen wohnen noch nicht. Aber sie leben schon.

Donnerstag, 12. November 2009

Tapfer Tapas essen


[Eine Tapa (span. „Deckel“, „Abdeckung“) ist ein kleines Appetithäppchen, das in Tapas-Bars üblicherweise zu Wein, jedoch auch zu Bier gereicht wird. Tapas im engeren Sinne sind kostenlose Beilagen zum Getränk.]




Die Tradition der Tapas geht darauf zurück, dass man eine Scheibe Schinken oder Käse auf das Glas legte, um das Getränk vor Insekten zu schützen. Über die Jahrhunderte hat sich draus eine ganze Reihe an Leckerein entwickelt, die am frühen Abend zu den Getränken gereicht werden. Das meiste kann dabei nicht mehr dazu verwendet werden, das Glas abzudecken. Verbreitete Tapas sind Patats Bravas (Kartoffelstückchen mit scharfer Soße) und der ensaladilla rusa, ein Kartoffelsalat mit viel Mayonnaise. Zu den feineren Tapas gehören Muscheln, Fleischspieße und Schnecken. Wer diese Leckereien nicht gewohnt ist, muss schon das ein oder andere Mal die Zähne zusammenbeißen, wenn es der Kellner besonders nett meint und diese etwas außergewöhnlicheren Tapas serviert.
Oft tun es aber auch ein Schälchen Oliven oder eine liebevoll belegte Scheibe Baguette. Nicht selten fällt danach das Abendessen etwas kleiner aus als geplant. Aber die Leckereien zum Wein sind auch einfach unwiderstehlich.

Sonntag, 1. November 2009

Die Schafe erobern Madrid


Normalerweise wird das Madrider Zentrum am Wochenende gleichermaßen von Einheimischen und Touristen überström. Letzten Sonntag wurden sie jedoch alle von 500 Schafen an den Rand gedrängt. Zum Fest des Weidewechsels erregten die Tiere auf den Straßen Madrids ganz schönes Aufsehen. Begleitet von etwa 120 Schäfer und mehreren Herden berittener Pferde strömten die Schafe über die Puerta del Sol und dann die Via Mayor entlang. Immer wieder kam die Herde jedoch zum Stehen, um sich von kleinen Stadtkindern ängstlich beäugen zu lassen. Nur die ganz mutigen Kinder trauten sich, für die Fotos der Eltern, die weichen Tiere zu streicheln. Vor den kaum unter Kontrolle zu haltenden Pferden wichen dann aber auch die Erwachsenen zurück. Erst zu den kleinen Dressur-Einlagen der Pferde wurden wieder die Kameras gezückt. Weidetiere in der Großstadt: Was für ein außergewöhnliches Bild!


Mittwoch, 14. Oktober 2009

Schlaflose Nacht

Letzten Monat gab es in Madrid eine Veranstaltung unter diesem Namen. Bei der „Noche en blanco“ fanden überall in der Stadt die ganze Nacht Veranstaltungen statt. Viele Museen und Ausstellungen konnten besucht werden und die Gran Via wurde durch eine farbige Installation ins rechte Licht gerückt.
An den restlichen 364 Tagen im Jahr kann in Madrid zwar nicht auf für Autos gesperrten Straßen getanzt werden, aber weniger schlaflos sind diese Nächte trotzdem nicht. Die spanische Hauptstadt geht im wahrsten Sinne des Wortes nie schlafen. Dies hängt sicherlich auch mit der spanischen Lebensweise zusammen. Zu Abend gegessen wird erst ab 21 Uhr und wer tanzen geht schwingt frühestens um zwei Uhr das Bein. Da stört es auch niemanden, dass die Metro zwischen eins und sechs Uhr in der Frühe geschlossen ist. Wenn in den Discos das Licht angeht, kann man an der nächsten Ecke noch gemütlich eine heiße Schokolade und Churros zu sich nehmen, bevor man dann lange nach Tagesanbruch ins Bett fällt.
Die letzte Bar hat in Madrid noch nicht zu gemacht, da öffnet das erste Café schon wieder.

Donnerstag, 8. Oktober 2009

Straßenmusik

„Sei Faul, Sei Glücklich, Sei Dich Selbst !!!“

Wie in den meisten Großstädten wird man auch in Madrid immer wieder um Geld gebeten.
Ein alter Mann der kaum noch laufen kann aber auf seinem buckligen Rücken ein Packet mit sich herumträgt, Frauen mit kleinen Kindern auf dem Schoß und ein Mann ohne Arme, der den Spendenbecher mit dem Mund schüttelt, machen auf sich aufmerksam.
Neben dem Elend gibt es aber auch Bettler, die besonders kreativ mit ihrer Art des „Geldverdienens“ umgehen. Die Lazy Beggers bieten mit ihren Schildern hinter den verschiedenen Spendenbechern die Möglichkeit selbst zu entscheiden, in welchen Belangen man sie unterstützen will. Dabei machen die Bettler keinen Held daraus, dass es vor allem um Alkohol und Drogen geht. Immer wieder bleiben deshalb Touristen verwundert und belustigt stehen. Die gewitzten Bettler grinsen dann, lassen sich gerne fotografieren und weil Öffentlichkeitsarbeit gewissermaßen ihr Job ist, haben sie sogar eine eigene Homepage eingerichtet – schließlich können sich selbst Bettler den neuen Technologien des 21. Jahrhunderts nicht verschließen.

Sonntag, 4. Oktober 2009

Mittwoch, 30. September 2009

Nullpunkt

Beginnen wir am Nullpunkt. Verspätet in Madrid gelandet, das Geld geklaut, das Hostel erst nach stundenlanger Suche gefunden. Von jetzt an kann es nur noch aufwärts gehen. Und das heißt: noch besser auf die sieben Sachen aufpassen, eigenes Zimmer finden, in der Uni immatrikulieren und vor allem: das spanische Leben genießen.
Der Nullpunkt ist aber auch der Nabel der Welt. Oder vielleicht besser: Spaniens. An der Puerta del Sol gelegen markiert er den (symbolischen) Kilometer Null aller Straßen Spaniens. Welcher Punkt eignet sich also besser um von hier aus die spanische Hauptstadt zu erkunden?!